Die Entlassung des ehemaligen BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt zieht nach wie vor weite Kreise. Mittlerweile gibt es eine Grundsatzdiskussion darüber, wie besser mit Machtmissbrauch umzugehen ist. Auch das Thema „zwischenmenschlich“ ausgerichtetes Ausnutzen abhängig Beschäftigter steht im Fokus. Wie die Firmen in Deutschland, speziell die 40 DAX-Konzerne, mit diesen Themen umgehen, lest ihr hier.

Kaum Verhaltensregeln zu Machtmissbrauch

Laut einer aktuellen Untersuchung haben nur wenige DAX-Unternehmen bezüglich der Themen Machtmissbrauch und zwischenmenschlichem Ausnutzen abhängig Beschäftigter Regeln aufgestellt. Damit fehlen in den meisten Fällen verbindliche Vorgaben, welches Verhalten zu tolerieren ist.

Wenn es um Beziehungen am Arbeitsplatz und den damit verbundenen potenziellen Machtmissbrauch geht, fehlen in den meisten DAX-Konzernen eindeutige Standards. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung, die die WirtschaftsWoche initiiert hat. Danach gibt es unter den 40 DAX-Unternehmen lediglich zwei Konzerne, namentlich zur Zalando und Linde, bei denen eindeutige Verhaltensregeln existieren.

Immerhin haben Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht und weitere Organisationen, darunter auch Daimler und VW, zuletzt eine gemeinsame Erklärung gegen Sexismus unterschrieben. Die Unterzeichnenden forderten darin klare Leitlinien, die in Form von Betriebsvereinbarungen oder Dienstanweisungen daherkommen können, wie es in der WirtschaftsWoche heißt.

Fehlende Regeln in Deutschland, nicht in den USA

Die USA sind im Hinblick auf klare Regelungen zu Machtmissbrauch und Beziehungen am Arbeitsplatz deutlich weiter als die meisten Unternehmen in Deutschland. So müssen dort beispielsweise in Banken beschäftigte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Vorgesetzten offiziell mitteilen, wenn es intime Beziehungen zwischen den Angestellten gibt.

Hierzulande fehlt allerdings für eine solche „Offenbarungspflicht“ noch die gesetzliche Grundlage. Es besteht also in Deutschland – zumindest im Vergleich zu den USA – noch enormer Nachholbedarf.

Axel Springer will Verhaltensregeln anpassen

Nach der Entlassung des ehemaligen BILD-Chefredakteurs Julian Reichelt will einer der größten Medienkonzern Europas, Axel Springer, zumindest seine bisherigen Verhaltensregeln diesbezüglich anpassen.

So soll es nach Aussagen des Vorstandes in der Zukunft immerhin die Verpflichtung geben, intime Beziehungen am Arbeitsplatz, die zu einem Interessenkonflikt führen könnten, zu melden. Allerdings ist dazu noch die Zustimmung des Betriebsrates notwendig.

veröffentlicht von Jörn

Jörn Brien ist Chefredakteur und Betreiber von Die Wirtschaftsnews – deinem Ratgeber für Aktien und Kryptowährungen. Der Journalist arbeitet(e) für verschiedene namhafte Publikationen in Deutschland und Österreich, darunter Golem, Kurier, t3n, e-media, Futurezone und pressetext. Darüber hinaus betreibt er den Online-Buchshop Meine Buchhandlung Wien und mehrere Facebook-Gruppen sowie Blogs.